Umgang mit schwierigen Patientinnen

11.06.2025
Praxismanagement
Der Alltag in einer gynäkologischen Praxis bringt viele emotionale Momente mit sich: Schwangerschaft, Verhütung, Kinderwunsch oder Krebsvorsorge. Oft sind die Gefühle angespannt. Manchmal äußert sich das in unangemessenem Verhalten. Patientinnen – und gelegentlich auch deren Partner – sind ungeduldig, fordernd oder sogar aggressiv. Eine Herausforderung für das Praxisteam.
Wie Sie empathisch bleiben und dennoch Grenzen setzen

„Schwierige“ Patientinnen sind nicht per se unhöflich oder problematisch – oft stecken Ängste, Scham oder persönliche Krisen hinter der Fassade. Manche Patientinnen wirken überheblich, andere überängstlich, wieder andere bringen Praxisabläufe durcheinander, weil sie reden wie ein Wasserfall. 
Schwierig kann Kommunikation deshalb auf vielen Ebenen sein. Dass der Umgangston insgesamt oft rauer wird, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Manch Praxis-Ratgeber empfiehlt zwischenzeitlich, Blumenvasen oder andere Gegenstände vom Empfangstresen zu entfernen, damit diese nicht als Wurfgeschosse verwendet werden können. Besser wäre, die Situation vorher zu deeskalieren.
Der Schlüssel zum souveränen Umgang liegt darin, das Verhalten der Patientin nicht persönlich zu nehmen und ihr Bedürfnis hinter dem schwierigen Verhalten zu erkennen. Der Beitrag erklärt, wie das machbar ist.

Setzen Sie auf Einfühlungsvermögen statt Konfrontation

In stressigen Situationen ist Ruhe bewahren und Empathie zeigen leichter gesagt als getan. Wer selbst unter Druck steht, kann unangemessenes Verhalten nur schwer wegatmen. Doch gerade im Stress lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten und einen tiefen Atemzug zu nehmen. 
Um Spannung aus einer unangenehmen Situation zu nehmen, hilft es, das eigentliche Bedürfnis der Patientin zu erkennen. Eine ungeduldige Patientin will vielleicht nur sicher sein, ernst genommen zu werden. Eine dominante Patientin verbirgt möglicherweise ihre Angst. Wer aktiv zuhört, signalisiert Wertschätzung – das kann die Situation oft direkt entschärfen.

Wertschätzende Kommunikation ist der Schlüssel
Klarheit und Transparenz in der Kommunikation schaffen Vertrauen. Wichtig ist deshalb, sich nicht in lange Diskussionen zu verstricken, sondern ruhig und freundlich zu erklären, was möglich ist – und was nicht. Der Satz „Ich verstehe, dass Sie besorgt sind – lassen Sie mich kurz erklären, wie wir in der Praxis vorgehen“, wirkt deeskalierend und schafft Struktur. Auch nonverbale Signale wie ein offener Blick, ruhige Stimme und eine zugewandte Körperhaltung helfen, Spannungen zu reduzieren.

Grenzen setzen – aber respektvoll
Empathisch zu sein bedeutet nicht, alles zu tolerieren. Wenn Patientinnen laut werden, andere beleidigen oder sich respektlos verhalten, darf – und sollte – das klar benannt werden. Ein Satz wie „Ich verstehe Ihre Aufregung, aber ich bitte Sie, in einem ruhigen Ton mit mir zu sprechen, damit wir gemeinsam eine Lösung finden“ setzt Grenzen, ohne zu eskalieren. Falls das Verhalten nicht aufhört, ist es legitim, ein Gespräch zu unterbrechen und ggf. eine Kollegin oder die Ärztin hinzuzuziehen.

Teamarbeit und Nachbesprechung
Herausfordernde Begegnungen sollten nicht im Raum stehen bleiben. Eine kurze Nachbesprechung im Team hilft, die Situation einzuordnen, Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig zu stärken. Auch das Führen eines internen Patientenvermerks kann hilfreich sein, um beim nächsten Termin vorbereitet zu sein – natürlich im Rahmen des Datenschutzes.

 

  1. Mindset-Check: 3 Fragen zur Selbstreflexion
    Manche Patientinnen-Typen fordern uns besonders heraus. Wenn wir uns diese Muster bewusst machen, können wir aktiv gegensteuern und laufen nicht selbst in die Stressfalle. Fragen Sie sich deshalb:

    1. 1. Was bringt mich auf die Palme?
      Überlegen Sie, welches Verhalten Sie besonders ärgert. Notieren Sie ggf. bestimmte Situationen und überlegen, warum das so ist.

    2. 2. In welcher Form bin ich selbst?
      Häufig wirkt sich unsere Tagesform darauf aus, was wir an anderen Menschen tolerieren oder als schwierig empfinden. Daher gilt es die eigene Stimmung auf den Prüfstand zu stellen.

    3. 3. Wie kommuniziere ich?
      Senden Sie vielleicht selbst Signale aus, die negativ gedeutet werden könnten? Augenrollen, seufzen oder die Vermeidung des Blickkontakts werden von Ihrem Gegenüber durchaus wahrgenommen und führen ihrerseits zu Reaktionen.

Fazit

Der Umgang mit schwierigen Patientinnen ist Teil des Berufs – aber kein Grund, sich den Tag verderben zu lassen. Wahrscheinlich überwiegt die Zahl der Patientinnen, die dankbar und freundlich sind und sich in Ihren Händen gut aufgehoben fühlen. Geben Sie den negativen Ereignissen des Tages deshalb weniger Raum, denn eine gute Stimmung im Team wirkt sich insgesamt auch positiv auf die Atmosphäre in der Praxis aus.