Hormonelle Verhütung und Depression – Neue Erkenntnisse aus Finnland

09.09.2025
Kontrazeption

Eine aktuelle, registerbasierte Fall-Kontroll-Studie aus Finnland liefert aufschlussreiche neue Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen systemischer hormoneller Kontrazeption und dem Risiko für Depressionen. Analysiert wurden Daten von über 117.000 Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren, bei denen in den Jahren 2018–2019 erstmals eine Depression diagnostiziert wurde. Im Fokus stand der Vergleich zwischen Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel eingenommen hatten und Nicht-Anwenderinnen.

Die zentrale Erkenntnis der Studie von Toffol et al: Die Einnahme kombinierter hormoneller Kontrazeptiva war in der untersuchten Kohorte mit einem leicht verringerten Risiko für Depressionen assoziiert. Besonders ausgeprägt zeigte sich dieser Effekt bei Präparaten mit den Wirkstoffkombinationen Ethinylestradiol und Gestoden bzw. Drospirenon oder Nomegestrol/Estradiol. Auffällig: Der leicht protektive Effekt zeigte sich über alle Altersgruppen hinweg – auch bei Jugendlichen.

Im Gegensatz dazu zeigten Gestagen-Monopräparate wie Levonorgestrel, Desogestrel oder Norethisteron keinen signifikanten Einfluss auf das Depressionsrisiko – weder im positiven noch im negativen Sinne. Daten zu neueren Präparaten wie Drospirenon 4 mg (Slinda®) oder Ethinylestradiol 0,02 mg in Kombination mit Dienogest 2 mg in retardierter Freisetzung (Kelzy®) wurden in der Studie nicht erfasst, da die Präparate im Untersuchungszeitraum noch nicht auf dem Markt verfügbar waren.

Trotz der großen und robusten Datengrundlage weist die Studie einige methodische Einschränkungen auf: Die Auswertung basiert auf verschriebenen und abgegebenen Präparaten – ob und wie regelmäßig diese tatsächlich eingenommen wurden, bleibt unklar. Zudem konnten potenziell relevante Einflussfaktoren wie etwa Veränderungen im sozialen Umfeld (z. B. Partnerschaft oder Lebenssituation) nicht vollständig berücksichtigt werden, was die Interpretation der Ergebnisse einschränkt.

Nichtsdestotrotz liefert die finnische Studie einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Evidenzlage: Frühere Untersuchungen hatten zum Teil auf ein erhöhtes Depressionsrisiko bei hormoneller Verhütung hingewiesen – die neuen Ergebnisse relativieren diese Befürchtungen. Vielmehr legen sie nahe, dass bestimmte kombinierte Präparate möglicherweise sogar einen leicht schützenden Effekt auf die psychische Gesundheit haben könnten.

Damit trägt die Studie wesentlich zu einem differenzierteren Verständnis der potenziellen Auswirkungen hormoneller Kontrazeptiva auf das psychische Wohlbefinden bei – ein Aspekt, der in der individuellen Beratung eine zunehmend wichtige Rolle spielt.

Quelle:
Toffol E, Partonen T, Heikinheimo O, But A, Latvala A, Haukka J. Use of systemic hormonal contraception and risk of depression: a registry-based study from Finland. Eur J Epidemiol. 2025 Jul 2. doi: 10.1007/s10654-025-01267-0.